34. Spieltag: SV Darmstadt 98 - Borussia Mönchengladbach

Könnte mich bitte mal einer zwicken? Ich hab‘ geträumt, es wäre der 34. Spieltag der Fußball-Bundesliga-Saison 2015/16 und der SV Darmstadt 98 hätte den Klassenerhalt bereits sicher. Deshalb ginge es beim letzten Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag, 14. Mai, ab 15.30 Uhr am Böllenfalltor nur noch um die nicht ganz so fundamentale Frage, auf welchem Tabellenplatz die Lilien in der Endabrechnung stehen. Mannomann, was hab‘ ich nur für ein Zeug genommen, dass ich sowas träume?

Wie bitte? Das ist kein Traum? Das ist tatsächlich so? Das ist ja Waaaaaaaahnsinn! Unfassbar! Sensationell! Das achte Weltwunder! Ein Traum! Ach nee, ist ja kein Traum, ist ja die schier für unmöglich gehaltene Realität! Na gut – dann versuche ich mich mal an einem STT, in dem es nicht darum geht, dass die Lilien noch dringend benötigte Punkte gegen den Abstieg sammeln müssen. Wie mach‘ ich das nur?

Neuland
Das ist absolutes Neuland für mich. Aber auch für die Mannschaft, die sich die freien Tage bis zum Dienstag redlich verdient hat nach ihrem fulminanten Auswärtssieg in Berlin. Der ist übrigens gleichbedeutend mit Platz 4 in der Auswärtstabelle – Champions-League-würdig! Und nun kann das Team tatsächlich mal völlig unbelastet aufspielen gegen Borussia Mönchengladbach.

Auswärtsschwäche
Den Gästen sind die Champions-League-Qualifikationsspiele faktisch kaum noch zu nehmen. Die Fohlen haben drei Punkte Vorsprung auf die drei Mannschaften, die derzeit die Europa-League-Plätze belegen – und noch dazu ein elf Treffer besseres Torverhältnis. Zudem spielen zwei der drei Verfolger (Mainz und Hertha BSC) gegeneinander, Schalke tritt in Hoffenheim an. Dass die Borussia sich nicht direkt für die CL-Teilnahme qualifizieren konnte, hat sie ihrer eklatanten Auswärtsschwäche zu verdanken: Von allen Bundesligisten schnitt nur Eintracht Frankfurt auf Gegners Platz noch schlechter ab.

Heimschwäche
Also alles bereitet für einen fulminanten Heimsieg der Lilien? Leider nicht ganz. Denn was Gladbach auswärts nicht gelingt, gelingt den Lilien blöderweise am heimischen Böllenfalltor genauso wenig: nämlich zu punkten. Die Fohlen holten auswärts lediglich zwölf Zähler, die 98er nur zwölf Zähler daheim. Eine von beiden Serien wird – außer bei einem Unentschieden – reißen, aber welche?

Ein Blick zurück
Nehmen wir die Partie aus der Hinrunde als Maßstab, haben die Lilien durchaus Chancen, sich von ihren unglaublichen Fans mit einem Dreier zu verabschieden. Denn die 2:3-Niederlage bei den Fohlen war eine von der eher unnötigen Sorte. Heben wir den Blick weiter Richtung Horizont, dann taucht als nächstes die Partie im DFB-Pokal von vor drei Jahren auf: Das 6:5 im Elfmeterschießen war der Auftakt einer mitreißenden Drittligasaison (ja, das ist noch gar nicht so lange her), in der die Lilien als Abstiegskandidat gehandelt und am Ende Dritter wurden (was zum ersten Wunder – dem in Bielefeld – führte). Tja, und dann gab’s da – nur der Vollständigkeit halber – noch die beiden Bundesliga-Spielzeiten 1978/79 und 1981/82, in denen die Borussia dreimal als Sieger vom Platz ging und einmal am Böllenfalltor ein Remis zu verzeichnen war.

Schwierige Prognose
Wer will mehr? Ich glaube, dass diese Frage entscheidend ist für den Ausgang der Partie am Samstag. Denn für die Gäste vom Niederrhein geht’s nicht mehr wirklich um was (siehe oben). Können sie nun befreit aufspielen oder lassen sie’s locker auslaufen? Für die Lilien geht’s auch nicht mehr um wirklich viel. Der von vielen Experten zu Saisonbeginn eigentlich für unmöglich gehaltene Klassenerhalt ist in trockenen Tüchern – der Traum ist wahr geworden. Aber die 98er könnten sich durch einen Erfolg einen eindrucksvollen Tabellenplatz sichern. Ich kann’s nicht nachrechnen – aber so um die 3,50 Euro mehr Fernsehgeld dürfte das nebenbei auch noch ausmachen, oder?

Baustellen
Andererseits muss Dirk Schuster seine Erfolgs-Elf von Berlin auf mindestens zwei Positionen umbauen – vorne und hinten: Im Tor fehlt Christian „Sulu“ Mathenia, der in der Hauptstadt mehr als drei Viertel der Partie mit einem Mittelhandbruch nicht nur durchgestanden, sondern in dieser Zeit auch noch glänzend gehalten hat. Und am anderen Ende des Platzes fehlt Tormaschine Sandro Wagner, dessen gelb-rote Karte vom Hertha-Spiel für ihn das vorzeitige Saison-Aus bedeutete und für die Mannschaft das Abrutschen auf den vorletzten Platz – allerdings nur in der Fairplay-Tabelle und dort punktgleich mit Augsburg und Ingolstadt.

Kein Dankeschön
Weitere Wechsel wird es – so, wie ich Schuster einschätze – nicht geben; jedenfalls nicht in der Startaufstellung. Die romantische Vorstellung einiger, man könnte jetzt mal all denen ein Spiel „schenken“, die sich die ganze Saison über in der zweiten oder dritten Reihe selbstlos in den Dienst der Mannschaft gestellt haben, entspricht vermutlich nicht ganz der Gedankenwelt des Chefcoachs. Ihren Einsatz wird er eher auf andere Art würdigen.

Freuen wir uns also auf einen spannenden und fairen Saisonabschluss gegen einen sympathischen Traditionsverein am Böllenfalltor, auf dass alle Fans danach gemeinsam ihre beiden Mannschaften angemessen feiern können.
This contribution was last edited by vfb4ever on May 11, 2016 at 6:00 AM hours