13. Spieltag: SC Freiburg - 1.FSV Mainz 05

Freiburg gegen Mainz, Samstag 15:30 Uhr. Ach du schönste Anstoßzeit. Auf geht’s in die Stadt mit den jährlich meisten Sonnenstunden. Ausgerechnet im November. Aber was haben wir davon, dass die Stadt diesen Titel trägt? Anderthalb Stunden Sonne gibt’s bestimmt auch mal in Hamburg oder Peking im Jahr.

Trotzdem ist die Vorfreude auf das Spiel ziemlich groß. Nicht, weil Freiburg so weit unten in der Tabelle steht und gute Chancen bestehen, das Spiel zu gewinnen. Nicht nur. Freiburg ist auch ein von Grund auf sympathischer und authentischer Verein, der aus geringen Mitteln einen ziemlich hohen Ertrag generiert. Das liegt vor allem daran, dass das Management in Ruhe arbeiten kann und selbst in der größten Krise der Trainer nicht infrage gestellt wird. Nicht mal durch die Medien wird Druck auf den Trainer ausgeübt. Streich ist so unantastbar, dass er vermutlich sogar mit einer überdimensionalen Walze über den Schwarzwald fahren könnte, um ihn in plattes Land zu verwandeln, ohne entlassen zu werden. Die neue badenwürttembergische Tiefebene. Durch ein tiefes Tal muss momentan auch die Mannschaft gehen. Tabellenplatz 17, kaum ein Verteidiger ist gesund und die Abgänge vor der Saison wiegen schwerer als gedacht. Grade Philipp und Grifo konnten bisher nicht adäquat ersetzt werden. Zudem fällt Niederlechner längere Zeit aus mit einem Kniescheibenbruch, dessen Schmerzen man schon beim Schreiben des Wortes annähernd erfassen kann, entgleiten einem die Gesichtszüge noch mehr, als bei der Vorstellung, Gerichte mit dem Namen Rote Grütze und Haferschleim essen zu müssen. Wahrscheinlich wird in Freiburg, einer Hochburg der Grünen, jedoch nur Bio-Haferschleim gegessen, abgeschmeckt mit ein bisschen Gras.

Die politische Orientierung der Stadt und ihr Ruf als Studentenstadt und philosophische Hochburg kann man schon an der Fangemeinde erkennen. Die Zeiten, in denen Oliver Kahn Golfbälle ins Gesicht geworfen wurden, sind lange vorbei. Heute werfen die Zuschauer im Dreisamstadion mit Eiern, wobei bei jedem Wurf gerufen wird „Aus artgerechter Haltung“. Statt Bengalos zu werfen, werden aus dem ansässigen Zirkus bengalische Tiger befreit und zurück nach Indien gebracht. Zu Fuß. Barfuß. Schmähgesänge gibt es in Freiburg auch nicht. Stattdessen hat jeder Fan einen Band von Kiekegaard oder Kant dabei, deren Theorien als Gesänge in das Stadion geschmettert werden. Bevorzugt Präliminarartikel über den Ewigen Frieden. Insofern können die Freiburger also froh sein, dieses Jahr nicht im Europapokal vertreten zu sein. Wäre man auf ein englisches Team getroffen, wäre es sicherlich nicht gut angekommen, über Kant zu singen. ( )

Der größte Philosoph der Bundesliga sitzt allerdings auf der Trainerbank der Freiburger. Christian Streich. Nie darum verlegen, Missstände anzusprechen, sei es im Fußball, in der Politik oder in der Gesellschaft. Und so genießt er zurecht Kultstatus, nicht nur in Freiburg. Einen so reflektierten Menschen sieht man ansonsten nur im Spiegelkabinett. Man kann sich diesen Trainer auch nirgendwo anders vorstellen als in Freiburg. Wo soll er auch hin? Die Bayern trainieren und gleichzeitig Kapitalismuskritik üben? Da würde die zollfreie Uhr von K-H Rummenigge sich vor Schreck wieder in die katarische Zeitzone zurückstellen. Nein, Freiburg und Streich, das passt einfach. Vielleicht leitet er ja bald wieder eine Ära der Breisgau-Brasilianer ein oder es stoßen wieder ein paar Georgier zum Team, wie damals mit Iashvili, Kobiashvili, Tskitishvili, Khizaneishvili oder Tobias Willi. Aber auch in dieser Saison ist der Kader wieder voll mit Talenten. Grade in der Innenverteidigung, die so talentiert ist, dass man zukünftig wieder die gleichnamige antike Währung in Freiburg einführen will. Sollte die Abwehr um Kempf, Söyüncü, Koch, Lienhardt so noch länger zusammenspielen und alle entwickeln sich stetig weiter, steht Freiburg wohl bald eine Saison mit null Gegentoren bevor. Jedoch hat Kempf schon angekündigt, den Verein am Saisonende ablösefrei zu verlassen. Vielleicht führte sein Name zu Irritationen. Während Streich ihn immer wieder aufforderte, doch um seinen Stammplatz zu kämpfen, fühlte Kempf sich immer nur mit seinem Nachnamen angesprochen und war deswegen vielleicht ein wenig irritiert.

Natürlich konnte der Autor wieder einem Dialog auf der Freiburger Geschäftsstelle belauschen, denn obwohl er nicht so aussieht, hat er verdammt gute Ninja-Fähigkeiten.

Streich (beim Training, jedoch in sich selbst versunken): „Ach wenn meine Spieler den Doppelpass doch auch so gut beherrschen würden, wie die Politiker das Wort in ihren Debatten… Was wäre es für eine schöne Welt, wenn nicht über Obergrenzen diskutiert werden würde. Dann würde es in den Restaurants auch keine Engpässe beim Bedienen mehr geben. Habe heute Nacht geträumt, dass ich eine riesige Walze hätte und damit den Schwarzwald plattmache. Das war ganz seltsam.“
Kempf: „Trainer, was soll ich in dieser Übung genau machen?“
Streich: „Kämpf!“
Kempf (irritiert blickend): Ja?
Petersen: „Wie lange müssen wir die Übung noch machen?“
Streich: „Petersen!“
Petersen zu Kempf: „Du, ich glaub, er meint dich“
Kempf: „Mir reichts“ (verlässt ablösefrei den Trainingsplatz)

Auch bei uns wird grade die Kapitalismuskritik großgeschrieben. Eigentlich nur durch eine Person, die bezeichnenderweise keine Sponsorentermine mehr alleine wahrnehmen darf. Unser Präse Kaluza leitete ja vorher eine Essigfabrik und so hat das Ganze dann auch wortwörtlich einen bitteren Beigeschmack, was grade rund um die Führungsriege passiert. Ich selbst bin aber zu wenig drin im Thema um dort über etwas zu urteilen, sehe das alles aber mit großer Besorgnis (vgl. Uwe Seeler). Was waren das noch für Zeiten, als Strutz für rechtliche Beratung ziemlich viel Geld von uns bekam. Kaluza könnte uns zwar über Essig beraten, allzuviel wird uns das aber nicht weiterhelfen. Vielleicht könnte er unseren Spielern als Ernährungsberater zur Hand gehen. „Essig, oder Essig nich?“. Wobei wir wieder beim philosophischen wären. Sein oder nicht sein? Shakespeare würde wohl seine Birne schütteln aus Empörung darüber, wofür sein Spruch heutzutage missbraucht wird. (Shakes Pear ) Wie auch immer, zur nächsten Mitgliederversammlung mache ich ein paar Selfies mit Kaluza. Drei oder so. Dafür müsste ich erstmal Mitglied werden und einen Selfiestick haben. Vielleicht gibt es einen im Fanshop. Den Mainz-05-Selfiestick mit eingebautem Rene Adler auf der linken Kameraseite. Oder mit Jannik Huth, aber den würde ja niemand erkennen.

Gegen Freiburg müssen wir auf Donati verzichten, dessen italienische Klischeegeste Bittencourt leicht touchierte und damit vollkommen zurecht mit einer roten Karte geahndet wurde. Außerdem können wir uns bei Pablo dafür bedanken, dass die letzten Tage so verregnet waren. Denn aus den Asterix-Filmen weiß man ja, dass es Regen gibt, sobald die Schwalben tief fliegen. Und dass sie auch noch keinen Sommer machen. Aber das ist ja auch unwahrscheinlich im Herbst. Von daher ein ganz guter Zeitpunkt, sonst hätte er uns den Frühling verdorben. Hoffentlich bestreiten und gewinnen wir am Samstag dann auf ehrliche Art und Weise, sodass man sich auch über einen Sieg freuen kann. Und hoffentlich darf Brych nie wieder ein Spiel mit uns leiten, denn er pfeift kuriosere Sachen als ein erkälteter Kuckuck. „Kuck-aaarrrrrghhhh“…. Könnte auch ein Ausspruch eines Amateurschiedsrichters sein, der sich die Spiele von Brych ansieht.

Wahrscheinlich gehen wir als leichter Favorit ins Spiel, was ja ansonsten nicht so häufig der Fall ist. Aber das muss ja bei uns nichts heißen. Und wenn die Freiburger Fans Kikegaard und Kant singen, singen wir eben über Johannes Gutenberg, der übrigens richtig Johannes Gensfleisch hieß, der Name aber zurecht vollkommen ignoriert wird. Also auf den Buchdruck, auf dass das Spiel eine schöne Geschichte schreiben wird und unsere Jungs am Samstag ähnlich beweglich sind, wie Gutenbergs Lettern.

Auf geht’s Mainzer, kämpfen und siegen!
This contribution was last edited by FrankS on Nov 24, 2017 at 6:55 AM hours